Georgien

28.04.2019

Heute ist Ostersonntag und das Wetter ist einfach toll.

Wir sind jetzt seit 5 Tagen in Tiflis; die Stadt kommt mir vor wie eine Mischung aus Tel Aviv und Odessa. Es ist chaotisch und quirlig, schön und teils verfallen, modern und verrückt. Irgendwie ist es so ganz anders aber sehr sympatisch und aufregend.

 

Neben den vielen schönen Orten die es hier gibt, möchte ich aber auch etwas Alltägliches zeigen:

 

Unser Haus hat 13 Stockwerke und wir wohnen im 11 Stock in einer sehr großen modernen Wohnung; wenn man sich das Haus und das offene Treppenhaus ansieht, würde man eine so schöne Wohnung nicht vermuten.

 

Hier sieht man unser "offenes" Treppenhaus!
Kein Witz, es fehlt die Fassade und teils fehlt auch ein Fussbodenaufbau.

Es war schon ein komisches Gefühl als wir ankamen, der Aufzug ausgefallen war und das Treppenhaus sich ungewöhnlich luftig zeigte.

Die Stromversorgung ist für den sicherheitsverwöhnten Blick auch eher gewöhnungsbedürftig.
Die Wohnungen in diesem Haus sind alles Eigentumswohnungen, die schön ausgebaut wurden; für den Allgemeinraum besteht dann aber eher weniger Interesse und es fehlt auch wohl die Bereitschaft Geld in die Hand zu nehmen. Insofern hat die Hausverwalterin im Aufzug einen kleinen Automaten anbringen lassen, in den man eine Münze werfen muß, wenn man den Aufzug benutzen möchte. So ist die Wartung des Aufzugs gesichert.

Manchen Kolleginnen und Kollegen geht die ganze Hektik und der Lärm in Tiflis eher am Allerwertesten vorbei...


3.5.2019

Nicht das der Eindruck jetzt entstehen sollte, es wäre nicht auch schön hier...

Diese Aufnahmen haben wir auf einer eher kleineren Wanderung gemacht. Wir waren auf einem sehr gut ausgebauten Wanderweg.

Unsere kleine Wanderung begann an diesem Fernsehturm, ein Wahrzeichen von Tiflis. An dem Fernsehturm war ein Vergnügungspark, der aber ganz gegen meine Vermutung relativ ruhig war. Die Kinder waren einmal in der Geisterbahn und dann sind wir losgewandert.

Tiflis von oben; die Gebäude der Stadt sind bunt gemixt, vorsovjetisch, sovjetisch und postsovjetisch. Teils renoviert, teils verfallen und teils sehr moderne Architektur.

Macht Spaß!

Viele Häuser in der Altstadt haben Holzerker, mal schlicht und mal fein verziert.

Solche Treppen findet man auch - Stairway to Heaven...

Hier sieht man eine orthodoxe Kirche aus dem 13ten Jahrhundert, die "Heilige Mutter Gottes Kirche von Bethlehem" und im Hintergrund die Monumentalstatue der "Mutter Georgien". Die Statue kommt von 1958 und symbolisiert Tiflis; in der einen Hand hält Sie eine Schale mit Weintrauben für die Freunde, in der anderen Hand das Schwert gegen die Feinde.

Die Statue ist ca. 20m hoch - sehr beeindruckend.

 

1958 erbaut, also aus sowjetischer und poststalinistischer Zeit.

8.5.2019

Hier nochmals ein relaxter Kumpel, der seine Schlafstelle im Schatten gesucht hat, an einer sehr befahrenen Straße...

Bei einer weiteren Erkundungstour entdeckten wir folgendes Schild:

Und schöne Grafitti:


Jetzt habe ich noch nicht über das Essen und die Getränke geschrieben; nun, das Essen ist richtig gut und ich werde demnächst ausführlicher schreiben.

Zunächst das Flüssige:

Es gibt natürlich Bier!

Viele verschiedene Sorten und die, die ich bisher probierte sind wirklich gut.

Auch gibt es unglaublich leckere Limonade; aber auch Limonade, die etwas gewöhnungsbedürftig ist.
Links die leckere Zitronenlimo und rechts Limonade mit saurer Sahne ...


Auch sehr beeindruckend, die Vodkakarte in einem Restaurant.

Ein Glas Vodka mit 2cl bekommt man nicht; hier wird nur flaschenweise ausgeschenkt, von 0,2l bis 1l.

Der Verkehr in Tiflis ist grausam!
Ich traue mir nicht, ein Auto zu mieten. Man muß im Straßenverkehr wahnsinnig aufpassen, die Leute fahren hier als wären sie auf der Flucht - rücksichtslos und schnell. Für normale Menschen ohne suicidal tendencies ist das hier ein Graus! Es gibt nur stehen oder Vollgas. Kommuniziert wird über die Hupe und die Leute hier sind sehr gesprächig.

Hier 2 Kuriositäten, die ich gefunden habe:


12.5.2019

Hier sieht man eine Metrostation in Tiflis, wohl aus den 50/60 ern; erinnert mich etwas an die Diners in den USA aus jener Zeit.

In einer Unterführung habe ich dann dieses coole Grafitti gefunden...

Das ist eine Tür mit 2 Flügeln; in den Nasenlöchern befinden sich die Türklinken.

Außerhalb der Metrostation kann man dann etwas Knoblauch kaufen; Preis: 2 Lari pro kg das sind ungefähr 60 Cent.

Hier 3 Bilder von der silbernen Hose... das ist eine Konzerthalle im Rikepark in Tiflis.

Entworfen hat sie der Stararchitekt Massimiliano Fuksas aus Italien - sehr beeindruckend!
Fertiggestellt wurde sie 2011.


14.5.2019

Heute war in der Schule das Fussballspiel Eltern gegen Lehrer. Trotz meines Einsatzes haben wir 4:3 verloren. Aber es hat Spaß gemacht; allerdings war es auch echt anstrengend, da es 26°C waren und auf dem Platz kein Windchen wehte. Eigentlich war es natürlich ein Turnier zwischen den unterschiedlichen Klassen und zur Siegerehrung kam dann noch ein ganz besonderer Gast: Lewan Kobiaschwili

Er hat in Deutschland für Freiburg, dann für Schalke und für Herta gespielt. In der georgischen Nationalmannschaft hat er 100 Spiele absolviert und ist jetzt der Präsident des georgischen Fussballverbandes - so was wie ein Beckenbauer bei uns. Und der kommt zur Siegerehrung - für die ganzen Kinder aus Georgien war das ein echtes Highlight, denn Fussball ist hier der Nationalsport und die Spieler werden vergöttert.

Also es war ein toller Erlebnis!

 

Hier also Benno im Einsatz... :-)

 

Und hier Lewan Kobiaschwili bei der Siegerehrung.

17.5.2019

Hier beginnt unsere Rundreise bis an die türkische und armenische Grenze in den kleinen Kaukasus.

Unser erster Tag führt uns von Tiflis bis nach Wardsia.

Wir fahren mit unserem Führer Ota zunächst nach Elisabethtal (heute Asureti), das im 19. Jhd. Von schwäbischen Pietisten gegründet wurde. Insofern sieht es hier auch aus als wäre man in einem alten Dorf auf der schwäbischen Alp; dies Haus findet man in der Schwabenstr.

Weiter geht es am Parawanisee (der größte See Georgiens; liegt auf fast 2100m Höhe, ist 37,5 qkm groß und maximal 3,3m! tief) vorbei nach Poka.

 

In Poka gibt es ein kleines Nonnenkloster mit einer Basilika aus dem 11. Jhd. Innen gibt es uralte Fresken, die man aber natürlich nicht fotografieren darf.

 


Die Nonnen sind sehr geschäftstuchtig und betreiben einen kleinen Feinkostladen mit Waren, die sie selbst hergestellt haben – ich habe hier die beste Schokolade gekauft, die ich je probiert habe. Und Schokoladen habe ich schon echt viele probiert!
Weiter fertigen sie Pralinen

 


Käse, Marmeladen, etc. und nicht zu vergessen, kleine Schmuckstücke, an denen der kleine Hans nicht vorbeikam.

 

Von Poka aus ging es weiter durch eine ärmliche Landschaft mit vielen Storchennestern und einer merkwürdigen Brücke, deren Benutzung etwas Mut erfordert;

 


Ich war übrigens feige!
Es geht weiter an der Kura entlang zur Khertvisi Festung.

 


Die Burg stammt vormals aus dem 2 Jhd. v.Chr.; die Kirche aus dem 10. Jhd; die heutigen Mauern aus dem 14 Jhd. Der Legende nach wurde die Festung von Alexander dem Großen zerstört. Glaube ich aber nicht, da die Festung dann noch älter sein müsste – schön und schön gelegen ist sie allemal.
In Wardsia angekommen beziehen wir dann unsere erste Unterkunft: Valodias Cottages; einfach, sauber und toll gelegen. Das Abendessen war super lecker; fast alles aus dem eigenen Anbau und die gegrillten Forellen aus der eigenen Zucht – lecker! Der Wein war übrigens auch wirklich klasse.

18.5.2019

An unserem 2ten Tag im kleinen Kaukasus haben wir zunächst die Höhlenstadt Wardsia besichtigt. Die Höhlen sind im 12 Jhd. errichtet bzw. besser gesagt, in den Fels geschlagen – unglaublich. Ursprünglich sind 3000! Wohnungen für 50.000 Menschen in den Fels gehämmert worden. Wenn man bedenkt mit welchen Werkzeugen die Menschen damals auskommen musste; wahnsinnige Leistung! Nach einem Erdbeben im 13 Jhd. sind heute noch 250 Wohnungen erhalten. In manchen von diesen Wohnungen leben heute noch einige Mönche und Novizen. Im Sommer ist es dort schön kühl, im Winter allerdings auch…
In der erhaltenen Klosterkirche findet man sehr schöne Fresken; die Kirche wird auch heute noch genutzt. Eine sehr beeindruckende Stätte.



Links sieht man eine Treppe; ziemlich steil und für größere Leute recht unangenehm...
In der Mitte sieht man die "Speisekammer";
und rechts die Apotheke

Hier sieht man eine Wohnhöhle; gemütlich ist sicherlich anders und abends recht dunkel...

Weiter ging es dann über Rabat,
hier die Rabati Burg aus dem 13ten Jhd. und ein Ausblick vom Turm,...

 


in den Kurort Borjomi mit seinen Heilquellen. Hier haben es sich schon die Zaren gutgehen lassen und auch Stalin, als gebürtiger Georgier. Dem Wasser aus den Quellen wird besondere Heilkraft zugesprochen – natürlich habe ich es probiert; es ist salzig, schmeckt nach Blut und ist piwarm, oder anders: es schmeckt scheiße!

 

Im Kurbad gibt es noch Schwefelbäder, die aber etwas überfüllt sind. Ich mag dies anschmiegsame Aneinander in diesen warmen Bädern ja nun gar nicht und habe mir diese Erfahrung gespart.

 

Übernachtet haben wir dann in dem sehr schönen Gästehaus Rivendell in Kvibisi. Das Rivendell ist familiengeführt und man bekommt ein sehr leckeres Frühstück.

 

19.5.2019

Am 3ten Tag haben wir dann eine schöne Wanderung im Borjomi-Kharagauli National Park gemacht.
Hier ist es sooooo schön und total verlassen; man begegnet nur selten anderen Wanderern. Kühen begegnet man allerdings schon. Die hängen da im Schatten rum, fressen das saftige Gras und trinken aus den Bächlein – der Käse und die Milch von diesen Kühen ist bestimmt super lecker; die Kühe selbst bestimmt auch…

 




Was macht Benno sonst noch so in Tbilisi?

Ich lasse mich von meinen neuen Sportkumpels 2mal die Woche vermöbeln und versuche mich mit einer neuen Kampfsportart: Brasilien Jiu Jitsu
Endlich habe ich auch wieder einen weißen Gürtel – ist jetzt der dritte in meinem Leben.
Es macht aber richtig Spaß und die Leute sind super nett.

 

1.6.2019

Unser heutiger Tagesausflug führt uns zunächst in die ehemalige Hauptstadt des iberischen Reiches, nach Mzcheta.
Gemeint ist das iberische Kaukasus- Reich. Mzechta war Hauptstadt vom 6ten Jhd. v. Chr. bis zum 4ten Jhd. n. Chr.
In der sehr schönen Swetizchoweli Kathedrale liegt angeblich der heilige Rock – das letzte Gewand Jesu, das sehr verehrt wird. Der Erzählung nach reiste ein aus Mzcheta stammender Jude namens Elias nach Jerusalem, um im Prozess gegen Jesus für ihn zu sprechen. Doch er kam zu spät und Jesus hing schon am Kreuz. Er hat dann einem römischen Soldaten das Gewand abgekauft und es nach Georgien gebracht. Seine Schwester Sedonia hat es an sich gedrückt und ist sofort gestorben. Dann ist das Gewand mit der Schwester begraben worden und später ist die Kathedrale auf ihr errichtet worden.
Als wir die Kathedrale besuchten, waren sehr viel Touristen aus Israel da, die den Spuren von Elias und dessen Geschichte folgten.

 


Die Hunde in Georgien sind zum größten Teil wild und verpennen eigentlich den ganzen Tag - hier wieder ein süßer Kumpel, der die "Ruhe" an der Kathedrale genießt.


ein sehr hübscher Garten in Mzcheta.


hier sieht man die alte Stadtmauer von Mzcheta.

Weiter geht es in das Sedaseni- Kloster aus dem 8ten Jhd. Das Kloster ist auf einem recht hohen Berggipfel gelegen, von dem man einen schönen Ausblick auf Mzcheta an der Kreuzung von Heer- und Seidenstr. hat.

 

 

Auf dem Weg bergab haben wir dann noch ein Picknick gemacht, bei dem wir die sprichwörtliche Gastfreundschaft der Georgier kennengelernt haben. Wir saßen also auf einer kleinen Lichtung in einem kühlen Eichenwäldchen, in dem außer uns noch eine georgische Familie mit 2 Kindern und Opa waren. Der Vater kam sofort mit Brot, gegrilltem Hühnchen und etwas Chacha (selbstgebrannter Tresterbrand) herüber – lecker! Der Chacha geht mit seinen 60% bei 30°C etwas ins Hirn, ist aber sehr lecker und nicht besonders scharf. Dann gab es anschließend noch ein paar Würstchen, mehr Chacha aus der 3l Plastikpulle und als Highlight haben dann noch der Opa und Vater Musik gemacht und gesungen. Ein tolles Erlebnis und einfach ein toller Tag.

 

7.6. - 10.6.2019 Reise nach Yerevan

Heute fahren wir für 3 Tage nach Yerevan (Armenien). Die Fahrt durch den kleinen Kaukasus ist an sich schon ein Erlebnis. Tolle Berge! Und die Natur wechselt ständig, von urwaldähnlichen Laubwäldern zu Gegenden, die aussehen, als müsste man um seinen Skalp fürchten – wie in den USA.
Für die knapp 300km braucht man mit dem Auto ca. 5,5h – die Straßen sind nicht immer gut!
Yerewan selbst ist eine sehr schöne Stadt mit einem unglaublichen Ausblick auf den Ararat - Ihr wisst schon, der Berg auf der Bibel auf dem Noah gelandet/ gestrandet ist.

Das ist der Blick von den Kaskaden...


Wunderschöne Brunnenskulpturen auf den Kaskaden.

Die Stadt hat eine Menge zu bieten: Museen, Restaurants, Parks, interessante Gebäuden, etc. es lohnt sich sehr, zumal wenn man von Tiflis kommt. Hier ist es leiser und die Menschen gehen den Tag etwas gemächlicher an. Die Leute hupen einfach weniger!

Hier sieht man den über 5.000m hohen Ararat, leider war es etwas diesig... daneben ist übrigens der kleine Ararat.

Dieser Berg ist einfach fazinierend und man kann kaum den Blick abwenden. Er befindet sich auf der türkischen Seite und ist vielleicht 50 km entfernt. Die Grenze mit dem Iran kann man eigentlich auch sehen, sie ist 40 km entfernt.

Für die Armenier ist die Grenze zur Türkei komplett verschlossen. Zwischen den Ländern gibt es keinerlei diplomatische Beziehungen; sie sind sich wegen des Bergkarabach-Konflikts spinnefeind.


Für die Armenier spielt aber auch noch der Genozid, bei dem 1,5 Millionen Menschen ermordet wurden und den die Türkei nicht als einen Völkermord anerkennt, eine tragende Rolle, warum sie die Türkei so hassen.
Ich habe das Genozidmuseum und die Gedenkstätte besucht und es erinnert mich ganz schwer an Yad Vashem. Die Geschichte ist wahnsinnig traurig und unglaublich brutal – nichts für Kinderaugen!
Und wieder haben die Deutschen ihre Finger mit im Spiel gehabt – es ist ein Graus! Wer sich die Geschichte des Genozids antun möchte sei gewarnt. Aber wie auch beim Holocaust, sollte man sich an die schreckliche Zeit und die vielen Menschen erinnern, damit ein solches Unglück nie wieder geschieht.

 


Es ist schon peinlich, wenn man sieht, wie wenige Länder diesen Genozid als einen solchen erst anerkannt haben.

Deutschland hat den Genozid offiziell am 2.Juni 2016 anerkannt - der Völkermord hat zwischen 1915 und 1916 stattgefunden! Meine Güte! 100 Jahre nach dem Morden schaffen wir es, dieses anzuerkennen? Ich bin tief beeindruckt!

13.6.19

Heute habe ich eine Wanderung vom Turtlelake in Tiflis zum Freizeitpark Mtasminda gemacht. Super Wetter und auf den etwas 13 km ist mir nicht eine Person begegnet. Dafür bin ich aber durch eine Wolke von tausenden Schmetterlingen gelaufen – ein wunderschönes Erlebnis.
Die Wanderung begann mit einer Gondelfahrt zum Turtellake, von dort zu dem Freizeitpark und dann bergab in die Altstadt von Tiflis.